· 

Krankenhäuser ernst nehmen – Rettungsschirm im Land einsetzen

Rede Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne in der heutigen Landtagssitzung zum Thema: Krankenhaus Rettungsschirm und LT_Long Covid


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

 

die Krankenhäuser im Land waren durch die Pandemie stark gefordert und sind es auch weiterhin. Sie haben finanzielle Einbußen erlitten – trotz der ausgereichten Ausgleichszahlungen und der Versorgungsaufschläge.

 

Inzwischen ist auch nachgewiesen, dass die Krankenhäuser mit über 20 Prozent hinter den Fallzahlen aus 2019 – also vor der Pandemie – zurückbleiben. Dies ist nicht nur in Sachsen-Anhalt so, sondern in allen Ländern. Und auch die außerordentlich steigenden Energie- und Sachkosten sowie die Inflation haben die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser weiter verschärft.

 

Ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen: Mir ist bewusst, dass die Krankenhäuser die zusätzlich anfallenden Kosten nicht ohne weiteres auf die Patientinnen und Patienten umlegen können. Gleichzeitig möchte ich aber auch aufzeigen, dass wir ganz langsam in ruhigeres Fahrwasser zurückkehren und für die Zukunft keine kurzfristigen Insellösungen brauchen, sondern eine grundlegende Veränderung des Finanzierungssystems.

 

Die kollektive Pandemieerfahrung hat unweigerlich einen Einfluss auf die aktuelle Reformdebatte zur Vergütung von Krankenhausleistungen genommen. Nicht zuletzt aufgrund des genannten starken Fallzahlrückgangs sehen wir das aktuell leistungsorientierte Vergütungssystem in der Kritik und der Ruf nach einer Budgetgarantie wird lauter. In der Sonder-Gesundheitsministerkonferenz am 5. Januar 2023 hat der Bund nun angekündigt, bis zum Sommer Eckpunkte zur Krankenhausreform vorzulegen.

 

Als Grundlage soll die dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission dienen, wonach Versorgungsstufen (sog. Level) erarbeitet wurden sowie ein System von 128 Leistungsgruppen mit Strukturvorgaben und detaillierten Definitionen. Die bisherige Vergütung der Krankenhäuser – überwiegend über Fallpauschalen (DRGs) – soll deutlich modifiziert werden.

 

Insoweit befindet sich das DRG-System nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im Umbruch und das ist der Weg, den wir einschlagen müssen, um unsere Krankenhausstrukturen zukunftsfest aufzustellen. Neben den grundsätzlichen Reformüberlegungen hat der Bund mehrere gesetzliche Grundlagen geschaffen, die die Krankenhäuser sowohl im Rahmen der Abbrechung der Leistungen als auch im Hinblick auf die Energiekrise kurzfristig unterstützen sollen:

 

In der Umsetzung des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes wurden Regelungen geschaffen für

 

  • die Erbringung und Abrechnung tagesstationärer Behandlungen,
  • eine zusätzliche Finanzierung der Geburtshilfe und auch
  • eine zusätzliche Finanzierung zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

 

Lassen Sie mich im Einzelnen kurz zu den Regelungen ausführen, um auch hier deutlich zu machen: Es passiert etwas! Bei den Regelungen zur tagesstationären Behandlung können zugelassene Krankenhäuser in medizinisch geeigneten Fällen, mit Einwilligung des Patienten oder der Patientin, anstelle einer vollstationären Behandlung eine tagesstationäre Behandlung im Krankenhaus erbringen und diese auch abrechnen.

 

Für die zusätzliche Finanzierung der Geburtshilfe werden für die Jahre 2023 und 2024 aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds jeweils insgesamt 108 Millionen Euro entnommen und für die Versorgung bereitgestellt. Die zur Verfügung stehenden Förderbeträge belaufen sich für Sachsen-Anhalt in den genannten Jahren auf jeweils insgesamt 3,24 Millionen Euro. Darüber hinaus werden – ebenfalls in den Jahren 2023 und 2024 – zur zusätzlichen Finanzierung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen jeweils Mittel in Höhe von 300 Millionen Euro in Form einer Steigerung um rund zwölf Prozent auf das Erlösbudget von 2019 bereitgestellt.

 

Für Sachsen-Anhalt ergeben sich demgemäß jeweils ca. 9 Millionen Euro. Weiterhin befinden wir uns aktuell in der Umsetzung des Härtefallfonds zum Ausgleich für Steigerungen der Kosten für den Bezug von Erdgas und Strom. Hier setzt der Bund (ergänzend zur allgemeinen Gas- und Strompreisbremse) insgesamt 6 Mrd. Euro für die zusätzliche Entlastung der Krankenhäuser ein. Davon werden 4,5 Mrd. Euro für den individuellen Ausgleich der verbleibenden Differenz zwischen den alten Energiepreisen („Vorkrieg“) und der Energiepreisbremse eingesetzt.

 

Die Krankenhäuser bekommen also die direkten Energiekostenerhöhungen vollständig ausgeglichen. Ergänzend dazu werden aber auch noch 1,5 Mrd. Euro pauschal an die Krankenhäuser zum Ausgleich mittelbarer Kostenerhöhungen ausgezahlt. Die Pauschale wird nach den zu einem Stichtag abgerechneten Betten verteilt.

 

Auf dieser Grundlage wird das Bundesamt für Soziales Sicherung (BAS) am 31.01., am 28.02. und am 31.03. die Mittel ausreichen, so dass an die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt insgesamt rund 45 Mio. Euro ausgezahlt werden. Darüber hinaus wurde die verkürzte gesetzliche Zahlungsfrist von fünf Tagen für Krankenhausrechnungen bis Ende 2023 verlängert.

 

Für die Liquiditätssicherung der Krankenhäuser ist diese Maßnahme von hoher Bedeutung.

 

Gerne möchte ich Ihren Antrag,

 

meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, zum Anlass nehmen und noch einmal verdeutlichen, was die Bundesregierung und auch die Landesregierung – insbesondere während und aufgrund der Pandemie – in Sachen finanzieller aber auch sächlicher Unterstützung der Krankenhäuser getan haben.

 

Ich hatte bereits im November ausführlich über die einzelnen Maßnahmen berichtet und möchte es hier nur noch einmal zusammenfassend wiederholen: Insgesamt handelt es sich in der Summe, allein bei diesen Maßnahmen, seitens des Landes um 43,7 Mio. Euro und seitens des Bundes um 653,9 Mio. Euro. Mir ist durchaus bewusst, dass die Maßnahmen die Aufwendungen und Verluste der Krankenhäuser nicht vollständig decken, aber ich will zeigen, dass der Bund und das Land nicht tatenlos zugesehen haben und sowohl in der grundlegenden Reform der Krankenhausfinanzierung und -planung als auch in der Etablierung kurzfristiger Lösungen viel passiert.

 

Landesseitig haben wir mit dem Corona-Sondervermögen eine Maßnahme – u. a. mit dem Ziel der Errichtung pandemieresilienter Versorgungsstrukturen geschaffen – die auch die Förderung von Krankenhäusern in verschiedenen Fördertatbeständen mit einer Gesamthöhe von 293,9 Mio. Euro vorsieht. Im Einzelnen handelt es sich um die Förderung von medizinisch-technischen Großgeräten in Höhe von 91,5 Mio. Euro, die Errichtung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen in Höhe von 63,3 Mio. Euro sowie mit 139,1 Mio. Euro, um Vorhaben zur Digitalisierung der Prozesse und Strukturen im Verlauf eines Krankenhausaufenthalts zu fördern.

 

Dies soll auch zur Sicherstellung hochwertiger universitärer Medizin 24/7 in der Fläche und somit zur Stärkung der Krankenhäuser im ländlichen Raum führen. Zu den genannten 139,1 Mio. Euro zur Umsetzung von Digitalisierungsvorgaben kommen noch 81,23 Mio. Euro hinzu, die das Land Sachsen-Anhalt aus dem Zukunftsfonds des Bundes erhalten kann und die über den Einzelplan 05 abgewickelt werden.

 

Von den 81,23 Mio. Euro wurden bereits 68,4 Mio. Euro bewilligt. Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt erstellt aktuell die Bewilligungsbescheide für die Krankenhäuser. Für einen eventuelle aufzulegenden Landesfonds bedarf es verifizierter Angaben. All die von mir genannten Maßnahmen, die nun auf den Weg gebracht sind, müssen zunächst erst einmal eine Wirkung entfalten, bevor noch mehr Geld ins System gegeben wird. Vielen Dank!

 

Betroffene nicht allein lassen – Long-COVID und PostCOVID-Informations- und Behandlungsangebote im Land schaffen

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

 

mit der vorliegenden Beschlussempfehlung richtet der Landtag Sachsen-Anhalt das Augenmerk auf die Krankheit Long-COVID bzw. Post-COVID sowie auf ihre Erforschung und Behandlung. Diese fachliche Betrachtung befürworte ich ausdrücklich. Viele sind von einer Corona-Infektion genesen – aber dennoch chronisch krank. Dabei ist weder bekannt, wie viele Personen in Sachsen-Anhalt und in Deutschland tatsächlich betroffen sind, noch, wie der „reguläre“ Verlauf der Krankheit ist.

 

Angesichts dieser Unklarheiten, sollten wir die Menschen nicht zusätzlich verunsichern, sondern sie über die Vielzahl der Maßnahmen und Möglichkeiten informieren, die bereits bestehen. Ganz aktuell berichtete der MDR am Dienstag über das bundesweit bislang einzigartige Projekt zum Aufbau von Rehasport-Gruppen für Post-COVID-Betroffene. Das Projekt des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Sachsen-Anhalt (BSSA), an dem 21 Reha-Sportvereine in neun Landkreisen / kreisfreien Städten und mehrere Reha-Kliniken mitwirken, ermöglichen Long-COVID-Erkrankten ein gezieltes Training.

 

Wer sich über die Seiten des Portals https://www.longcovid-info.de/ informiert, findet aktuell Kontaktdaten von sieben Selbsthilfegruppen in Sachsen-Anhalt, findet Behandlungsangebote und deren Erreichbarkeit und erfährt alles über die einschlägigen Reha-Einrichtungen und deren Angebote – auch für Sachsen-Anhalt. So bieten beispielsweise die Paracelsus Harzklinik, das Eisenmoorbad Bad Schmiedeberg oder die Rehaklinik Bad Salzelmen spezielle Long-COVID-RehaMaßnahmen an.

 

Und auch in Sachsen-Anhalt wird zu Long-Covid bzw. Post-Covid umfangreich geforscht. Beispielsweise ist die DigiHero-Studie des Universitätsklinikums Halle und die Langzeituntersuchungen zur Prävalenz definierter Autoantikörper bei Blutspendern im Großraum Magdeburg nach Covid-19-Impfungen und Covid-19-Erkrankungen zu nennen. Auch zu LongCOVID bei Kindern gibt es eine eigene Studie. Erst vergangene Woche hat der Bundesgesundheitsminister angekündigt, die Versorgungsforschung künftig mit 100 Mio. Euro zu fördern und eine Hotline für Menschen einzurichten, die auf der Suche nach Informationen zu Long Covid sind.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das bundesweite Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hinweisen, das auch mein Haus auf seiner Webseite unter dem Button „LongCovid“ verlinkt hat. Durch Kooperation von 13 Organisationen aus dem Gesundheitswesen, der Arbeitswelt und der Wissenschaft finden Betroffene unter dem Portal https://www.longcovidinfo.de/ ein vielschichtiges Lotsenangebot. Selbstverständlich nehme ich den Wunsch des Landtages auf, die Ärztekammer und die Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und ihre Mitglieder gerade für diese neuen Krankheitsbilder zu sensibilisieren. Vielen Dank!